Kontinuität und Wandel

Das Schweizer Register feierte 2018 sein 30-jähriges Bestehen und verzeichnete per Ende Jahr beinahe 130 000 Registrierte. Mit einer neuen Rekrutierungsstrategie wurden die Weichen für die Zukunft gestellt.

1988, als die erste Transplantation von Blutstammzellen mit einem unverwandten Spender in der Schweiz stattfand und das Schweizer Register gegründet wurde, konnte sich kaum jemand die riesigen Fortschritte der Medizin vorstellen, die folgen sollten.

Auch für die weltweiten Register bedeuteten die vergangenen Jahre ein rasantes Wachstum.

Solide Entwicklung

Ende 2018 zählte das Schweizer Register 129 472 Personen, es wuchs um 11 Prozent (2017: 116 652 Personen). Neu registrierten sich 14 566 Personen als Blutstammzellspender. Die Zunahme liegt damit um 5,1 Prozent über dem Vorjahr (2017: 13 863 Neuregistrierungen). Austritte, vor allem altershalber, waren 1760 zu verzeichnen (2017: 1038).

66,3 Prozent aller Neuregistrierungen erfolgten per Online-Formular (2017: 62,1 %). Der Anstieg ist auf Werbekampagnen in Social Media zurückzuführen. Online-Registrierungen vereinfachen administrative Abläufe und reduzieren Kosten. Gemäss Auswertungen führen sie überdies zu einer höheren Verfügbarkeit zum Zeitpunkt einer Spendenanfrage.

Von den 129 472 registrierten Personen waren Ende 2018 wie im Vorjahr rund 45 Prozent unter 35 Jahre alt. Über die letzten zehn Jahre erhöhte sich dieser Anteil kontinuierlich (vgl. Grafik). Das Durchschnittsalter lag bei 36,9 Jahren (2017: 36,7 Jahre). Das Verhältnis von Männern zu Frauen blieb stabil und betrug 2018 36 zu 64 Prozent.

Wegweisende Strategie

Nachdem weltweit über Jahre im Vordergrund stand, möglichst viele Blutstammzellspender zu registrieren, verlagert sich zurzeit der Fokus auf spezifische Anforderungen an Spender. So hat sich beispielsweise erhärtet, dass Transplantate von jungen Menschen Patientinnen und Patienten bessere Überlebenschancen bieten. Überdies stammt jede zweite unverwandte Blutstammzellspende in der Schweiz von einem Mann.

Vor diesem Hintergrund überprüfte Blutspende SRK Schweiz im Austausch mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten in den Jahren 2017 und 2018 ihre Rekrutierungsstrategie. Sie setzt sich zum Ziel, auch in Zukunft ein qualitativ hochwertiges Register anzubieten, das die veränderten Anforderungen der Transplanteure erfüllt und für Patientinnen und Patienten die passende Spende bereithält.

Im Einzelnen beschloss Blutspende SRK Schweiz, das Spenderprofil anzupassen und die aktuelle Altersobergrenze zum Zeitpunkt einer Registrierung von 55 auf 40 Jahre hinabzusetzen. Zugleich strebt sie an, den Anteil Männer im Schweizer Register, die mit 36 Prozent untervertreten sind, auf 50 Prozent zu erhöhen. Mit einem umfassenden Spenderbindungsprogramm sowie einer breiten Palette an Engagementmöglichkeiten für alle sollen die langjährig Registrierten begleitet werden. Ziel ist, dass sie der Blutstammzellspende verbunden bleiben und bei einer allfälligen Anfrage zu einer Spende bereit sind. Dazu tragen ebenfalls Online-Registrierungen bei, sie werden daher forciert.

Gleichzeitig sollen die Typisierungstiefe der Gewebemerkmale sowie andere Parameter erweitert werden, um Transplanteuren zu einem frühen Zeitpunkt eine differenzierte Entscheidungsgrundlage zu geben. Zudem gilt es für Blutspende SRK Schweiz, ihre Kostenstruktur zu verbessern und das Fundraising auszubauen, da der Leistungsauftrag des Bundes keine Mittel für neue Registrierungen vorsieht.

Die Umsetzung der neuen Rekrutierungsstrategie erfolgt ab 2020, 2019 laufen die Vorbereitungen. Es ist vorgesehen, die neue Altersobergrenze per 1. April 2020 einzuführen.

Massgeschneiderte Sensibilisierung

Damit es überhaupt zu Registrierungen kommt, braucht es eine Sensibilisierung für die Blutstammzellspende, die sich sowohl an die breite Bevölkerung wendet als auch an junge Leute, die besonders geeignete Spender sind. Hier setzte die einjährige Sensibilisierungskampagne in den Rekrutierungszentren der Schweizer Armee an, die 2018 ihren Abschluss fand. Rund 40 000 junge Männer wurden dabei über die Blutstammzellspende informiert. Seit Ende 2018 finden neu an Offiziersschulen Informationsanlässe statt, die mit Registrierungsaktionen vor Ort verbunden sind.

An Studentinnen und Studenten richten sich die zahlreichen Sensibilisierungs- und Registrierungsaktionen an Hochschulen in der ganzen Schweiz, die vom Studierendenverein Marrow durchgeführt werden. Marrow agiert als Partner von Blutspende SRK Schweiz und kann Anliegen rund um die Blutstammzellspende bei Gleichaltrigen sehr glaubwürdig vertreten.

Neben Aktionen vor Ort kommt Online-Medien eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht, Junge zu erreichen. Zum einen wurde 2018 das Online-Registrierungsformular für mobile Geräte, über die heute mehrheitlich der Zugriff erfolgt, optimiert. Zum anderen wurden erstmals Social-Media-Kampagnen durchgeführt, die sich in einer steigenden Anzahl von Online-Registrierungen junger Leute niederschlugen.

Grundlagen für diese Kampagnen sind die Instagram– und Facebook-Seiten von Blutspende SRK Schweiz. Sie zeigen neben Kennzahlen vor allem Geschichten von jungen Patienten und Spendern sowie von Menschen, die sich speziell engagieren. 2018 baute Blutspende SRK Schweiz für 18- bis 30-Jährige ihren Instagram-Kanal auf und erreichte per Ende Jahr über 1100 Abonnenten. Auf Facebook, das sich auch an über 30-Jährige richtet, zählte Blutspende SRK Schweiz fast 8000 Fans (2017: 7000), die der Blutstammzellspende sowie der Blutspende sehr verbunden sind und sich ausgezeichnet als Botschafter, beispielsweise für Patientenaufrufe, mobilisieren lassen.

Für alle sichtbar

Die Information der breiten Öffentlichkeit bleibt gleichermassen wichtig, auch im Hinblick auf das Fundraising. 2018 geschah dies wiederum durch die Präsenz in Fach- und Publikumsmedien sowie durch öffentliche Anlässe wie den nationalen Tag der Tat. Dieser fand zum fünften Mal statt, gleichzeitig mit dem World Marrow Donor Day vom 15. September.

Zahlreiche Gruppen von Freiwilligen informierten die Bevölkerung persönlich an Standaktionen. Erstmals veranstaltete Blutspende SRK Schweiz in Bern selbst eine Registrierungsaktion. 750 Neuregistrierungen liessen sich auf Aktivitäten rund um den Tag der Tat zurückführen, zahlreiche Medienberichte widmeten sich in dieser Zeit der Blutstammzellspende.

Ja zur Spende

Ob die Registrierten zum Zeitpunkt einer Anfrage tatsächlich zu einer Spende bereit sind, darüber gibt die Kennzahl Verfügbarkeit Aufschluss. 2018 lag die Gesamtverfügbarkeit bei 68,6 Prozent und damit etwas unter dem Vorjahr (2017: 69,4 %). Die Verfügbarkeit ging in den vergangenen Jahren leicht zurück (2016: 74,8 % / 2015: 72,7 %). Die Absagen aus persönlichen Gründen, das können beispielsweise Auslandaufenthalte sein, nahmen 2018 im Verhältnis zum Vorjahr mit 14 Prozent etwas zu (2017: 12,3 %), diejenigen aus medizinischen Gründen mit 17,4 Prozent leicht ab (2017: 18,2 %).

Bis zu einer allfälligen Anfrage zur effektiven Spende kann viel Zeit verstreichen. Umso wichtiger ist eine regelmässige Kontaktpflege. Seit 2018 erhalten Neuregistrierte jeweils einen Begrüssungsnewsletter, zudem wie bisher zweimal jährlich per Post das Magazin «Together», das sie über die Blutstammzellspende auf dem Laufenden hält.

Analyse: 10 Jahre Nachbetreuung

Alle verwandten und unverwandten Blutstammzellspender, die in der Schweiz gespendet haben, werden gemäss Transplantationsgesetz vom 1. Juli 2007 nachbetreut (Follow-up). Dies oblag von Anfang an Swiss Blood Stem Cells bzw. Blutspende SRK Schweiz, seit November 2017 verfügt sie dazu über ein Mandat des Bundesamtes für Gesundheit. Die Follow-up-Daten werden in pseudonymisierter Form in die europäische Datenbank der European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) eingegeben.

2018 führte Blutspende SRK Schweiz eine Analyse der prospektiv gesammelten Daten für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 30. Juni 2017 durch («10 Jahre prospektives Spender-Follow-up in der Schweiz»). Evaluiert wurden die Charakteristiken der verwandten und unverwandten Spender bezüglich Alter, Geschlecht, Spendeart, Anzahl Spenden, vorbestehende medizinische Probleme sowie Schweregrad und Häufigkeit von Nebenwirkungen. Die Resultate werden 2019 publiziert.

Nabelschnurblut konstant

Ende 2018 waren 4771 Einheiten Nabelschnurblut in den öffentlichen Nabelschnurblut-Banken Basel und Genf gelagert, im Vorjahr waren es 4667. Der Zuwachs betrug 104 Einheiten. 2018 wurden 3 Einheiten ausgeliefert. Aufgrund neuer Therapien ist denkbar, dass Nabelschnurblut in Zukunft vermehrt eingesetzt werden kann. Die Finanzierung der öffentlichen Nabelschnurblut-Banken konnte 2018 über die Transplantationspauschale gesichert werden.

Ein Pilotprojekt betreffend Hybridbanking wurde fortgeführt. Damit soll Müttern die Möglichkeit geboten werden, neben dem öffentlichen oder privaten das sogenannte Hybridbanking zu wählen. Beim Hybridbanking wird das Nabelschnurblut privat eingelagert und gleichzeitig den öffentlichen Spenderregistern zur Verfügung gestellt. Die operative Durchführung dieses Pilotprojektes ist für 2019 geplant, abhängig von der Freigabe der Behörden.